Terrornetz by Silva

Terrornetz by Silva

Autor:Silva
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-02-05T05:00:00+00:00


Er nahm sie nach oben in sein Atelier mit und schaltete die Halogenlampen ein. Selbst in dem grellweißen Licht leuchtete Marguerite Gachet verführerisch. Sarah ließ sich in einen alten Ohrensessel fallen, Gabriel setzte die Vergrößerungsbrille auf und bereitete seine Palette vor.

»Wie lange noch?«, fragte sie.

Das war die gleiche Frage, die Schamron ihm an jenem windigen Oktobernachmittag gestellt hatte, als er in die Narkiss Street gekommen war, um Gabriel aus dem Exil zurückzuholen. Ein Jahr, hätte er Schamron damals antworten sollen. Dann wäre er jetzt nicht hier – in einem sicheren Haus in Surrey – und nicht im Begriff, eine schöne Amerikanerin ins Herz der Dschihad AG einzuschleusen.

»Ich habe den Schmutzfilm entfernt und die Risse im Farbauftrag mit einem feuchtwarmen Spachtel zugedrückt«, erläuterte Gabriel. »Jetzt muss ich noch ein paar Kleinigkeiten ausbessern und eine dünne Firnisschicht auftragen – genau so viel, dass die Wärme von van Goghs Originalfarben zur Geltung kommt.«

»Ich habe nicht nach dem Bild gefragt.«

Er sah von seiner Palette auf. »Das hängt ganz von Ihnen ab, denke ich.«

»Ich bin bereit, wenn Sie es sind«, sagte sie.

»Noch nicht ganz.«

»Was passiert, wenn Zizi nicht anbeißt? Was ist, wenn er das Porträt nicht mag – oder mich?«

»Kein ernsthafter Sammler, noch dazu ein Milliardär wie Zizi, ließe sich einen neu entdeckten van Gogh entgehen. Und was Sie betrifft, so dürfte ihm diesbezüglich kaum eine andere Wahl bleiben. Wir werden Sie unwiderstehlich machen.«

»Wie?«

»Es gibt Dinge, die Sie lieber nicht wissen sollten.«

»Zum Beispiel, was mit Ahmed bin Schafiq geschehen wird, wenn ich ihn ausfindig mache?«

Er träufelte etwas Malmittel in eine kleine Pigmentpyramide und vermischte beides mit dem Pinsel. »Sie wissen, was Ahmed bin Schafiq erwartet. Das habe ich Ihnen bei unserer ersten Begegnung in Washington unmissverständlich erklärt.«

»Erzählen Sie mir alles«, verlangte sie. »Ich muss es wissen.«

Gabriel rückte die Vergrößerungsbrille zurecht und hob seinen Pinsel an die Leinwand. Als er weiterredete, sprach er nicht zu Sarah, sondern zu Marguerite. »Wir überwachen ihn. Wir hören ihn ab, wenn das möglich ist. Wir fotografieren ihn, nehmen seine Stimme auf Tonband auf und schicken alles unseren Experten zur Analyse.«

»Und wenn Ihre Experten feststellen, dass er es ist?«

»Dann beseitigen wir ihn an einem Ort und zu einem Zeitpunkt unserer Wahl.«

»Beseitigen ihn?«

»Erledigen ihn. Ermorden ihn. Liquidieren ihn. Suchen Sie sich das Wort aus, das Ihnen am meisten behagt, Sarah. Ich habe noch keines gefunden.«

»Wie oft haben Sie das schon gemacht?«

Er brachte sein Gesicht dicht an das Gemälde heran und murmelte: »Schon oft, Sarah.«

»Wie viele Leute haben Sie umgebracht? Zehn? Zwanzig? Wurde das Terrorproblem dadurch gelöst? Oder ist alles nur schlimmer geworden? Was ist damit erreicht, wenn wir Ahmed bin Schafiq aufspüren und beseitigen? Ist dann Schluss – oder tritt ein anderer Mann vor und nimmt seinen Platz ein?«

»Irgendwann nimmt ein anderer Mörder seinen Platz ein. Bis dahin werden Leben gerettet. Und der Gerechtigkeit wird Genüge getan.«

»Ist das wirklich Gerechtigkeit? Lässt sich Gerechtigkeit denn mit einer Pistole mit Schalldämpfer oder einem Sprengsatz unter einem Auto üben?«

Gabriel schob die Vergrößerungsbrille hoch und drehte sich mit im Lampenschein grün funkelnden Augen zu ihr um.



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